Eisenmangel in der Schwangerschaft: Ein unterschätztes Gesundheitsrisiko

(Gastbeitrag von cand.med. Julia Herteux):

Eisenmangel (EM) und Eisenmangelanämie (EMA) stellen weltweit ein bedeutendes Gesundheitsproblem für Frauen dar, insbesondere während der Schwangerschaft. Auch in Österreich ist mit einer Prävalenz von 17.2% zu rechnen – so der Ernährungsbericht von 2012.

Die WHO definiert den EM als das Unterschreiten der Eisenspeicherreserve (Ferritin < 15 µg). Eine EMA tritt auf, sobald eisenmangelbedingt die Hämoglobinbildung nicht mehr ausreichend funktioniert (Hb < 12 g/dl). Der DACH-Referenzwert für den täglichen Eisenbedarf liegt bei (nicht schwangeren) Frauen bei 15 mg. Während Schwangerschaft und Stillzeit verdoppelt er sich auf 30 mg/d. Eisenmangel ist ein weltweit verbreitetes Phänomen, das besonders während der Schwangerschaft zu Einschränkungen in der Lebensqualität von Mutter und Kind führen kann. Physiologisch besteht ein erhöhter Eisenbedarf durch die zusätzliche Bildung kindlicher Blutzellen sowie den Aufbau der Plazenta. Schwangerschaften mit relevantem Eisenmangel tragen ein erhöhtes Risiko für Komplikationen wie Müdigkeit, vorzeitige Wehen, niedriges Geburtsgewicht oder erhöhte Sterblichkeit, Frühgeburten und eine erhöhte kindliche Mortalität. Auch die motorische und kognitive Entwicklung des Kindes kann beeinträchtigt sein. Eine österreichische prospektive, multizentrische Querschnittsstudie untersuchte zwischen 03/2017 und 06/2020 insgesamt 425 Schwangere (Zeisler H. et al.):

– Die Prävalenz des Eisenmangels zeigte bis zum Ende der Schwangerschaft einen
konstanten Zuwachs (von 12% auf schließlich 65%!).
– 1 von 3 Frauen wies bereits zum Beginn der Schwangerschaft einen erniedrigten Ferritinwert (< 30 μg/l) auf. - Dieses Defizit konnte am Ende der Schwangerschaft bei 2/3 der Frauen gemessen werden. Der Eisenbedarf variiert sehr stark während der Schwangerschaft. Im 1. Trimenon kann diese bei ausbleibender Menstruation und gesunder Ernährung gewöhnlich ausreichend gedeckt werden. Die natürliche Anpassungsfähigkeit des Körpers an den steigenden Bedarf zur Bildung von Blutzellen und Plazenta kann in diesem Abschnitt der Schwangerschaft noch weitgehend kompensiert werden. Ab dem 2. Trimenon ist dieser Zielwert über die Ernährung zunehmend schwerer zu decken. Mit steigendem Körpergewicht des Fötus und der damit verbundenen Organentwicklung steigt das benötigte Eisenvolumen zum Ende der Schwangerschaft auf bis zu 10 mg/d an. Darüber hinaus geht unter der Geburt (infolge von Blutungen) und auch in der Stillzeit weiteres Eisen verloren. Eisenreserven sind daher schon vor Beginn der Schwangerschaft immens wichtig. Fazit: Diagnostik und Therapie sind simpel. Ein gezieltes Screening vor und während einer Schwangerschaft kann helfen, Eisenmangel zu identifizieren, zu behandeln und damit Anämien vorbeugen. Quellen:
Zeisler H, et. al. Prevalence of iron deficiency in pregnant women: A prospective cross-sectional Austrian study. Food Sci Nutr. 2021 Oct 16;9(12):6559-6565. doi: 10.1002/fsn3.2588. PMID: 34925785; PMCID: PMC8645778.
Bothwell TH. Iron requirements in pregnancy and strategies to meet them. Am J Clin Nutr. 2000 Jul;72(1 Suppl):257S-264S. doi: 10.1093/ajcn/72.1.257S. PMID: 10871591.
Elmadfa, I. (2012). Österreichischer Ernährungsbericht 2012 (S. 1-424). 1. Auflage
https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/eisen/, 31.03.24
D-A-CH-Referenzwerte (7. aktualisierte Auflage 2021) Elmadfa/Aign/Muskat/Fritzsche: Nährwert-Kalorien-Tabelle

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